10/02/11

Richtungswechsel

Etappe 26 : Limoges - Touroulet (59,5 km)

7:00 Aufstehen, früher hat eh keinen Sinn, es ist noch dunkel. Frühstück, packen, um kurz nach 8 geht's los. Sonntag morgen, Limoges wie ausgestorben. Die Luft frisch, es ist kühl, die Sonne gerade über den Häusern zu sehen. Mein GPS braucht eine Ewigkeit, bis es Satelliten findet, genug Zeit, mich zu verlaufen, bis ich mich orten kann, haben ich mir 2km Umweg eingebrockt.

9:15 Einkaufen. Der Vorteil von Städten ist, dass die Supermärkte hier in der Regel Sonntag morgen offen haben. So gibt's frischen Salat, Brot und Käse fürs Mittagessen. Dann weiter.

11:05 Ich komme durch Aixe-sur-Vienne, der Stadt (oder eher das Dorf) mit dem mustergültigsten Bürgersteig, den ich in Frankreich bisher gesehen haben. Ich bin begeistert.

12:30 Mittagspause. Wie immer ist es wolkenlos und heiss, ich suche mir ein schattiges Plätzchen, esse, dann geht es zügig weiter, schliesslich habe ich heute noch ein paar Kilometer. Seit heute ist die Hauptrichtung nicht mehr Westen, sondern Süden, dass Zentralmassiv sollte ich jetzt weit genug umgangen haben. Trotzdem ist es hier recht hügelig, nix dolles, aber stetes auf und ab.

14:50 Nach Süden heisst leider auch, dass ich die Sonne den ganzen Tag direkt im Gesicht habe. Während bei der Westroute (da ich ja am linken Strassenrand laufe) zwischendurch immer noch die Chance auf Schatten durch Bäume oder manchmal auch hohe Maisfelder bestand, strahlt mir die gelbe Sau jetzt direkt aufs Hirn. Das schlaucht, dafür kann ich mir den Legionärsnackenschützer sparen.

18:05 Fast überpünktlich komme ich an meinem eigentlichen Etappenziel, La Coquille, an. Hier gibt es ein gutes Hotel. Das hat zu. Kein Schild 'geschlossen', einfach zu. Keiner da. Die im Fenster klebende Telefonnummer geht direkt auf eine Mailbox. Tough shit. Also weiterlaufen, irgendwas wird sich schon finden.

18:35 Da, 'gites', das sind glaube ich so was wie Fremdenzimmer. 200 Meter Feldweg, dann kommt ein Bauernhof. Der Besitzer, ein Engländer (später werde ich merken, dass es hier in der Dordogne fast nur Engländer gibt), erklärt mir (nachdem wir eine Weile gebraucht haben, um zu merken, dass eigentlich keiner von uns beiden Französisch beherrscht) erklärt mir, dass Gites so was wie Ferienwohnungen sind, die er aber nur wochenweise vermietet. Aber gut einen Kilometer weiter, gäbe es ein Zimmer. Also zurück und weiter.

18:55 In der Tat, ein Schild, Fremdenzimmer. 200 Meter Feldweg, ein Bauernhof. Bellende Hunde, sonst keiner da. Klopfen, rufen, hilft nix. Wirklich keiner da. Zurück und weiter.

19:05 Nächster Versuch, diesmal nur 100m, trotzdem keiner da.

19:10 Jetzt aber, Schloss Hotel Restaurant, 800m nach links, hier klebt sogar extra ein Schild auf der Hinweistafel "Ouvert". 19:15 "Ouvert" scheint wohl noch eine zweite Bedeutung zu haben, die ich nicht kenne, jedenfalls ist das Hotel geschlossen. Mir fällt auf, dass ich weder Streichhölzer noch ein Feuerzeug bei mir habe.

19:20 Ich mache erst mal Pause. Wenn man sich ärgert, ist es immer gut, nicht auch noch unterzuckert zu sein. Dann entschliesse ich mich zum ausgeschilderten Campingplatz zu laufen. Das kostet mich noch mal fast 45 Minuten und 4,5 km (plus fast die selbe Strecke zurück). Zudem wird es rapide dunkel, aber egal, ich bin soweit in der Pampa, dass es hier eh keinen Verkehr gibt. Und wenn es ganz dunkel ist, kann ich zur Not auch irgendwo wild campen.

20:15 Ich komme am Campingplatz an. Dieser ist leer bis auf einen sehr merkwürdigen Spanier (der in etwa so aussieht wie Christopher McCandless in 'Into the Wild' kurz bevor der Bär kommt) und dem Besitzerpaar (wieder Engländer). Ich baue mein Zelt auf, dusche und gehe ziemlich KO schlafen. Das geht auch ganz gut, bis so gegen halb zwei neben meinem Zelt ein Schäferhund anfängt zu bellen. Was aber ausser mir scheinbar niemand merkt, so dass der Hund mehr oder weniger die ganze Nacht bellt. 


Einkaufsliste: Streichhölzer, Schusswaffe. Und Orangensaft.