9/30/11

1000

Etappe 25 : Bourganeuf - Limoges (47,1 km)

8:45 geht es, halbwegs ausgeschlafen nach wie immer bescheidenem Frühstück los. Recht frisch ist es heute morgen, aber so gegen 10:30 wird es ordentlich warm. Wenig frequentierte Landstrasse steht auf dem Programm, sehr unspannend, ich vergnüge mich mit Podcasts.


11:07 Es ist geschafft. Nach meiner - sehr unpräzisen Rechnung sollte ich jetzt genau 1000 km hinter mir haben. Kurz danach finde ich ein schattiges Plätzchen an einer Kirche und gönne mir vom nahen Bäcker erstmal 'nen ordentlichen Insulinflash.

14:00 Ich komme Limoges näher, was sich vor allem an der zunehmenden Verkehrsdichte bemerkbar macht. Landschaftlich immer noch Felder und Wiesen, die Tanke hier etwas einfacher gestaltet als das heimische Pendant.

17:30 Ich komme in Limoges an. Die Stadt selbst sehr hügelig, ich quäle mich noch eine Weile mit dem Buggy durch die verwinkelte Fussgängerzone, bis ich das Hotel finde.

Chinesisch zum Abendessen. Wird mir nicht noch mal passieren.


9/29/11

Mal etwas kürzer treten

Etappe 24 : Ahun - Bourganeuf (31,5 km)

6:30 Der Wecker klingelt, ich habe erstaunlich (im Sinne von einigermassen) gut geschlafen, was nicht dafür sorgt, dass ich mich nicht immer noch schlapp fühle. Ich bleibe noch ein bisschen im Bett liegen, es ist eh noch dunkel, Frühstück habe ich auch heute wieder abgelehnt.


7:45 Der Wagen ist gepackt, ich trinke einen Kaffe in der Bar. Lavazza Espresso, ich bin begeistert. Schnell zum Bäcker Baguette & Croissant kaufen, dann geht's los. Die Etappe heute kurz, aber bergig, ich lasse es langsam angehen.

10:30 Ich mache eine kurze Essenspause in schöner Idylle, dann geht es über verlassene Landstrasse weiter.


11:55 Pontarion, der Ort, den ich für meine Mittagspause vorgesehen hatte, ist recht ausgestorben, also esse ich nur kurz etwas und mache mich auf die letzten 10 Kilometer.

14:30 Bourganeuf, das Etappenziel ist schon erreicht, ein Hotel schnell gefunden, und ich geniesse erstmal, wieder Internet zu haben. Ich ruhe mich ein wenig aus, spaziere durch den Ort und kaufe ein. Dann ein Bier und Abendessen.

Alles in allem ein ereignisloser Tag; ich merke, wie die Müdigkeit an mir zehrt, morgen noch mal eine lange Etappe nach Limoges, dann gibt es Pause.

9/28/11

The Docks statt Zombieland

Etappe 22 : Evaux-les-Bains - Ahun (45,0 km)

6:30 geht der Wecker, ich bin schon fast wach, aber noch nicht so lange. Fortschritt. Ich stehe auf und  stelle fest: Es ist dunkel. WTF? Ach ja, es ist ja irgendwie Ende September, Sommer vorbei und so. Ich muss lachen. Irgendwie ist das an mir vorbei gegangen. Wenn man den ganzen Tag durch strahlenden Sonnenschein mit Temperaturen jenseits der 30 Grad läuft, kommt man kaum auf die Idee, dass es auf den Winter zugeht.

Frühstück (diesmal war's im Zimmerpreis drin) ist wieder enttäuschend. Filterkaffe, Aufbackbrötchen mit Einzelportionsmarmelade, noch nicht mal Käse. Darüber hilft auch das gewohnt gute Croissant nicht weg.

8:07 Ich mache mich auf den Weg. Rekord :-) Die ersten paar hundert Meter geht es steil einen Waldweg hinauf.

8:22 100 Meter höher, ich bin aufgewärmt. Danach erstmal länger steil bergab, und dann ein Tal entlang nach Chambon-Sur-Voueize. Der dortige Supermarkt liefert frisches Brot und Protein (in Form von so etwas wie Bündnerfleisch in Salamiform).

9:12 Weiter geht es auf hügeliger Strecke. Die Temperatur noch angenehm. Aber der immer noch wolkenlose Himmel lässt keinen Zweifel daran, dass es auch heute wieder heiss wird.

Gegen Mittag komme ich durch Gouzon, suche kurz nach einem Supermarkt (ohne eigentlich genau zu wissen, was ich will). Finde nix, laufe weiter. So langsam lässt die Kondition nach, ich mache Pause. Salat gibt's heute keinen, dafür das obligatorische Baguette mit Olivenbrei. Und meine Bündnersalami. Ich lege mich sogar eine halbe Stunde ab, finde aber keine Ruhe; selbst im Schatten ist mir zu warm.

14:40 Ich komme durch Nameweissichnichtmehr. Jedenfalls gibt es dort einen Supermarkt. Und der hat sogar offen, was in Anbetracht der Uhrzeit eher ungewöhnlich ist. Wasser und eine kalte Coke Zero. Dafür heute kein Pudding. Dann mach ich mich - recht uneuphorisch - weiter.

Nach zwei weiteren Stunden durch Hitze und Hügel gibt es auch heute eine (kleine) Bergankunft in Ahun. Dort findet sich nicht nur ein englischsprachiges Tourist Office, sondern auch recht schnell ein (einziges) Hotel. Eigentlich eher eine Bar. Mit Fremdenzimmern halt. Das Klientel erinnert mit sehr an England. Ja, das sind Vorurteile und Schubladendenken. Aber immer wenn ich einen Raum betrete, der nach filterlosen Kippen und schalem Bier stinkt und mich deutlich sichtbar schmutzige (nicht zu verwechseln mit ungewaschenen) Gestalten anlachen, deren geöffneter Mund mich an eine Schachpartie erinnern, in der es nicht gut für Weiss aussieht, denke ich an Südengland und Hafenkneipe. So auch hier. Das Zimmer ist aber OK, der Wirt (das könnte ein Remis geben) gibt mir noch zu verstehen, dass er nicht kocht. Das beruhigt. Er mache um 20:00 zu. Aber um 7 wieder auf. Sehr interessante Zeiten für eine Bar.

19:00 Ich laufe noch ein wenig durch den Ort, der ziemlich ausgestorben ist, finde 5 geschlossene Restaurants und 0 offene und mache statt dessen Abendessen mit Supermarkteinkäufen. Danach wieder früh ins Bett, immer noch recht müde.

9/27/11

Allez, allez!

Etappe 21 : Montmarault - Evaux-les-Bains (50,1 km)

6:30 Aufwachen mit Wecker. Wieder sehr bescheiden geschlafen. Leider keine Idee, woran das liegt, aber ich wache immer zwischen 2 und 3 auf und danach wälze ich mich nur noch im Bett. Was dem Befinden und der Performance nicht wirklich zuträglich ist. Ich döse noch ein Stündchen weiter, dann duschen und packen. Eigentlich sollte das schnell gehen, aber mein SPOT möchte neue Batterien, also den ganzen Wagen noch mal abgepackt, Batterien gesucht, wieder gepackt.


Um 8:20 geht es endlich los, lange Etappe heute. Es ist so um die 15 Grad und leicht bewölkt. Frühstück gibt's heute beim Bäcker, Hotelfrühstück werde ich einschränken, das lohnt meistens nicht und kostet Zeit. Leider hat sich noch nicht bis Frankreich rumgesprochen, dass man mit 'nen Espresso zu 1,50 mehr verdient als 'nem Croissant für 85 Cent. Kaffee gibt's also nicht. Croissant, Cola (meine erste in 3 Tagen ;-) und weiter geht's.

10:00 Ich eiere so vor mich hin, so richtig Lust will keine aufkommen, irgendwie keine gute Ausgangssituation für die verbleibenden 41 km. Statt mich einfach mit dem iPod abzulenken, heute mal nach dem Lehrbuch. Hinsetzen, Schadensanalyse a.k.a. was ist wirklich los:

Körper:
  • Beine schwer - tough luck. Gestern waren ordentlich Höhenmeter dabei, und die ersten 9km heute hatten stetige 200 HM, das schlaucht. Hier hilft das Bewusst machen schon weiter. Ausserdem esse ich ein paar Datteln, das sollte helfen.
  • Blase am rechten Fuss - ist versorgt, noch mal nachschauen, alles OK, das geht weg.
  • Müde - Schlecht geschlafen und kein Kaffee. Das kann ich fixen. Kona-Kola Nuun Tabletten ins Wasser gemischt.

Kopf:
  • Ich bin sauer mit mir selbst, dass ich so schlecht schlafe. Aber das kann ich hier nicht fixen, also weg mit den Gedanken.
  • Es graut mir vor der langen Etappe. Also mach ich mit mir aus, dass ich erstmal bis zur 20km Marke laufe und dort Mittagspause mache. Danach kann ich ja immer noch sehen, ob ich ein näheres Etappenziel finde.
10:15 Ich laufe weiter, und nach ein paar Minuten geht es mir deutlich besser. Die Strecke heute vormittag auf gut ausgebauter und wenig befahrener Landstrasse, der entgegenkommende Verkehr hauptsächlich Laster, die weichen immer bis auf die andere Strassenseite aus, insofern gutes Laufen. In Anbetracht der Streckenlänge und der Müdigkeit nur ganz kleine Laufeinlagen, sonst zügiges Gehen.

11:50 Ich finde einen Rastplatz mit Schatten und mache Mittag. Salat, Baguette, the works.

12:30 Ich komme an meinem eigentlichen Ziel für die Mittagspause vorbei. An Reevaluation denke ich gar nicht mehr, das Etappenziel steht. Kurz danach Wechsel der Strasse, ab jetzt noch weniger Verkehr, dafür schmalere Strasse, der Rand eher schlecht ausgebaut. Es wird recht hügelig, mehr Radfahrer als Autos. So wie an jeder Pfütze in Frankreich ein Angler sitzt, findet sich an jedem Hügel mindestens ein Radler.

Ich bin mir nicht sicher, woran es liegt - vielleicht wirklich an der Bedeutung, die die Tour hier hat und der daraus abgeleiteten Assoziation von 'Athlet am Berg' und 'Anfeuerung'- aber die Menge an Anfeuerung, die ich hier in den letzten drei Tagen an Bergstücken bekommen habe, ist unglaublich. Jeder Radfahrer, sei es entgegenkommend oder überholend findet Worte des Zuspruchs, fast jeder Laster hupt anfeuernd und viele Autofahrer - das Fenster ist hier obligatorisch offen - geben den Thumb up. Einer hält mir sogar eine Wasserflasche aus dem Fenster. So macht das Laufen Spass.

15:00 Kurze Pause, ein Espresso und Wassernachschub im Supermarkt, dann weiter. Es geht ein Stück steil bergab, was beschwerlich ist, dann ein langgezogenes Tal durch die pralle Sonne. Aber so heiss wie die letzten Tage ist es zum Glück nicht mehr. Dann kommen noch mal knackige 150HM auf knapp 3 km Strecke, die Pumpe  geht ordentlich.

17:45 Ich komme im Hotel - Grand Hotel de Thermal - an. Was ich natürlich übersehen habe ist, dass "Thermal" offenbar an eine ganz spezielle Zielgruppe catert - die über 100 jährigen. Das Hotel ist voll von Zombies. Zimmer gut, Wifi ist kaputt, keine Idee, wohin ich morgen laufen werde.

20:30 Gut zu Abend gegessen, wenn ich schon nicht schlafen kann, gehe ich wenigstens früh ins Bett.

9/26/11

Mehr Hitze, mehr Hügel

Etappe 20 Moulins - Montmarault (46,7 km)

7:00 Aufstehen, Wagen umpacken. Ein Ergebnis meiner gestrigen Reflektion ist, die Taschen nicht thematisch zu packen, sondern eine Tasche für den täglichen Gebrauch zusammenzustellen, so dass ich nicht jeden Morgen 20 Minuten packen muss. Frühstück ist schlecht, ich glaube, dass lasse ich zukünftig sein.


8:30 Ich mache mich auf den Weg. Das Industriegebiet, gestern noch ausgestorben, ist heute morgen stark  befahren, ich kämpfe mich durch die Rushhour. Ab dem Stadtrand wird es ruhig. Und hügelig.

11:50 Ich finde einen malerischen See, der ideale Ort für meine Mittagspause. Die fällt entsprechend ausgedehnt aus. Salat, Baguette, Pudding, ein wenig hinlegen und die Augen schliessen. Nach einer knappen Stunde geht es weiter.

17:40 Ich komme in Montmarault an, die Hotelsuche ist recht einfach, es gibt genau eins und das ist schlecht. Alle anderen Gäste sind mit Fahrzeugen angereist, die gute 40 Tonnen mehr wiegen als mein Buggy. Internetverbindung erinnert an Dial Up. Fast erwarte ich eine AOL Anmeldemaske. Dafür gibt es direkt nebenan einen Supermarkt, der ein kaltes Bier für mich hat. Das mag nicht besonders erscheinen, aber gekühlte Getränke sind in Supermärkten in Frankreich eine absolute Rarität.

19:15 Ich gehe zum Abendessen im Hotel. Das Restaurant ist vornehm eingedeckt. Besteck für 4 Gänge, 3 Gläser, Tischdeko. Die zahlreichen Pflanzen sind mit LED-Lauflichtern verziert, an der Decke prankt eine grosse Discokugel, die von welchselfarbigem Laserlicht angestrahlt wird. Der Soundtrack erinnert an La Boum, nur 10 Jahre älter. Das einzige, was ich ausmachen kann ist die Maxiversion von 'Good bye Ruby Tuesday'. Länger als Aperitiv, Vorspeise und Salt.

Um mich herum: Die selben Fernfahrer, die ich vor einer Stunde noch in kurzer Hose, schmierigem T-Shirt und Flip Flops gesehen habe. Geduscht, die Haare zurückgelegt, Hemd mit Kragen. Essen für 40 Euro, Zimmer für 27. Andere Prioritäten.

9/25/11

Weltrekordsonntag

Etappe 19 Bourbon-Lancy - Moulins (37,4 km)

8:30 Aufstehen, frühstücken, packen, dauert alles wieder viel zu lange, ich komme - wie meistens - erst kurz vor 10 los. Es ist diesig und noch kühl, aber das wird sich schnell ändern. Ich verlasse Bourbon-Lancy auf einem gut ausgebauten Radweg, der ungefähr noch 1km bis zur Ortsgrenze geht. Danach Landstrasse, die laut Karte vielbefahren ist. Heute nicht. Sonntag eben. Kurz darauf quere ich die Loire und verlasse damit auch das Burgund und begebe mich in die Auvergne.

12:00 Die Sonne brennt inzwischen ordentlich, strahlend blauer Himmel, knapp unter 40 Grad. Davon ist in der Wettervorhersage natürlich nichts zu sehen, dort gibt es Schatten, hier nicht, und ich merke, dass ich inzwischen doch ein ganzes Stück weiter im Süden bin.

13:50 Ich finde ein kleines Stück Schatten in einem Waldweg, nutze ihn zu einer kurzen Pause. Brot mit Olivenpaste, dazu Datteln und O-Schorle.

15:30 Ich komme in die Aussenbezirke von Moulins, interessant wie sich hier Stadt mit Industriegebiet und so was wie Schrebergärten mischt. Zwischendrin - wie überall hier - immer wieder 1000 Jahre alte Kirchen oder Rathäuser.

16:15 Irgendwann dann nur noch verlassenes Industriegebiet. Da kann das Ibis ja nicht mehr weit sein. Ich komme an einem Thermometer vorbei - immer noch 33 Grad. Kurz darauf dann im Hotel - reudig. Aber es gibt StePoSa zu mampfen, das macht's erträglich.

17:00 Geduscht, eingecremt - ja, ich kann mich beherrschen und das Pflichtprogramm erst abspulen - jetzt erst mal Internet, Berlin Marathon. Neuer Weltrekord, Scott Overall, Paula, hallo. Wie geil ist das denn :-) Ich glaube, ich werde nächsten Sommer nach London fliegen.

21:00 Noch ein wenig lesen, dann der Versuch zu schlafen, was auch heute Nacht nur so mittelmässig gelingt.

9/24/11

Pause am See

Eigentlich wollte ich noch einen Tag nach Moulins weiterlaufen - grössere Stadt, mehr Möglichkeiten - aber mein Hotel hier ist so gut - ruhig, direkt an einem See gelegen, Supermarkt um die Ecke - dass ich mich entschliesse, hier zu bleiben. Ausserdem ist morgen Sonntag, da ist eh alles geschlossen.

Morgens Wäsche waschen, mit der Hand, dann ein wenig in die Stadt spazieren gehen. Mittagessen in einer kleinen Pizzaria. Schinken,  Salami, Tomaten und Essiggurken als Antipasti-Teller, dann schön langsam gerillter Hähnchenschenkel (Messer hier völlig unnötig) mit grünen Bohnen. Dazu 1/4 Wein und Wasser. Zum Nachtisch Creme Brûlée und einen Espresso. Das war das Tagesgericht zu 14,50 Euronen. Ja, mit Getränken. Andere Welt.

Nachmittags ordentlich ratzen, dann Salat und Baguette zum Abendessen wie gestern. Sehr erholsam.

Resumé der dritten Woche: 254,5 km, +2438, -2386 Höhenmeter

9/23/11

Over the hills, not far away

Etappe 19: Gueugnon - Bourbon-Lyon (27,8 km, gesamt 775,2 km, +329 m -348 m)

9:20 Heute ist wieder kurze Etappe, entsprechend faul lasse ich es angehen. Das Frühstück ist nicht so gut. Was mich ein wenig verwundert, ist dass das Restaurant recht voll ist. Hauptsächlich mit den selben Locals, die gestern Abend auch da waren. Die trinken auch ungefähr die selben Getränke. Morgens halb 10 in Frankreich. Zeit für ne Halbe.

Dann noch mal ins Bett legen und lesen. So um 10:30 mache ich mich auf den Weg. Wieder wolkenlos und heiss.


Die Zeiten des Kanals sind vorbei, heute geht es der Landstrasse entlang. Aber kein Problem, zum einen ist kaum Verkehr, zum anderen funktioniert das hier mit dem Ausweichen recht gut. Die Landschaft wieder recht hügelig. Mittags mache ich den Fehler und nehme eine Abkürzung, hätte ich mal besser in Google Earth geschaut, hätte ich sicher gemerkt, dass es sich um einen Feldweg handelt. Ich eiere also eine Weile dahin, bevor ich zur Strasse zurückkehre. Zumindest hatte ich so zur Abwechslung ein wenig Schatten.


Dann weiter in der Mittagshitze nach Bourbon-Lancy. Am Stadtrand ein Rastplatz - irgendwie scheinen alle französischen Dörfer irgendwelche Plätze zum hinsetzten und Pause machen zu haben, ein sehr feiner Zug - will ich noch ein Brot essen und schneide mir erstmal ordentlich in die Hand. Zu meinem Glück ist das Messer super scharf, so dass der Schnitt sauber ist und das Verbandszeug griffbereit am Buggy montiert. Einarmige Wundversorgung klappt also, am Abend ist die Haut schon ordentlich am zusammenwachsen.



Mein Hotel hier ist grandios, super ruhig, direkt an einem See, die Dame an der Rezeption ist begeistert davon, dass ich laufe und gibt mir das "Zimmer für Personen mit eingeschränkter Mobilität", also das Rollizimmer. Das ist doppelt so gross wie die anderen und hat eine Terrasse. Die nutze ich, um mit Salat, Käsebaguette und Rotwein mein Abendessen zu geniessen.

9/22/11

Sushi, Bullen, Fritten

Etappe 18: Montchanin - Gueugnon (44,7 km)

Irgendwie bin ich heute am Sack. Obwohl ich recht gut geschlafen habe, ist heute gar keine Motivation da. Vielleicht ist das der Nachtrag der Coissey-Etappe. Ich mache mich schleppend auf den Weg, es ist bewölkt, nicht zu warm, eigentlich perfekte Bedingungen.


Erst geht es eine Weile den Kanal entlang, dann durch Montceau-les-Mines. Ich komme an einem Supermarkt vorbei, kaufe abgepacktes Sushi, Olivenpaste und Orangensaft. Das Sushi schmeckt grausam - ja, das war mir eigentlich vorher klar - aber scheinbar hilft die Überdosis Salz im Shoyu, danach fühle ich mich ein wenig besser.


Nachmittags wird es hüglig, es geht wenig befahrenen Landstrassen entlang. Bei meiner nächsten Pause stelle ich fest, dass mein Salat wohl den Zenit überschritten hat. Dafür gibt es Baguette mit Olivenpaste - was meine neue Geheimwaffe für's Laufen wird.

Zwischendrin muss ich ein kurzes Stück stark befahrene Strasse laufen. Kein Problem, die Strasse ist breit genug, die Autos weichen ohne zu murren aus. Bis auf die Gendarmerie, die mir entgegenkommt. Der Streifenwagen hält an, der Beifahrer ruft mir etwas zu, ich signalisiere, dass ich ihn nicht verstehe. In einigermassen brauchbarem Englisch erklärt mir der nette Gendarm, dass es gefährlich sei, hier zu laufen. Quietschende Bremsen, der unverwechselbare Geruch von verkohltem Gummi. Ein nachfolgendes Auto kann in letzte Sekunde bremsen, bevor er den Gendarmen hinten drauf fährt. Denn diese haben natürlich mitten auf besagter vielbefahrenen und gefährlichen Strasse angehalten. Kein Blaulicht, kein Warnblinker.

Ich gebe meine bester Spock-Imitation - das Geseicht ausdruckslos, nur die linke Augenbraue hochgezogen - und bedanke mich für den wertvollen Hinweis. Im Weggehen höre ich, wie im Streifenwagen lautstarke Diskussion ausbricht.

Gegen 19:30 kommen ich am Hotel an - war da nicht was mit nur noch bis 18:00 laufen? Dieses ist klein, aber recht gut, zum Abendessen gibt es "Le Formule" - Ribeye, Fritten und Salat, dazu Vin Ordinaire, was will man mehr. Die Local schauen ein wenig befremdlich ob meines Auftrittes, wenden sich aber schnell wieder ihrem Kaltgetränk zu.

9/21/11

Geburtstagsetappe

Etappe 17: Chalon-sur-Saône - Montchanin (35,2 km)


Nette Bergetappe heute, ein wenig durch die malerischen Weinberge des Burgund, knappe 600 HM, aber alles im lockeren Bereich. Zuwenig getrunken, ich bin abends eher platt. Gutes Abendessen und früh in die Heia.



Danke für all die Geburtstagsgrüsse. Oder besser gesagt, danke für all die Anfeuerung anlässlich meines Geburtstages; ich habe mich sehr gefreut.

9/20/11

Business as usual

Etappe 16: Seurre - Chalon-sur-Saône (ca. 34 km)

Heute wache ich das erste Mal seit langem ausgeschlafen auf. Die Dame an der Rezeption fragt mich, ob ich frühstücken möchte, ich bejahe. "Hier ist die Kaffemaschine, dort gibt es Teller, hier sind Butter und Marmelade, viel Spass". Ich spare mir die Frage, wo ich die Spüle finde. Dann geht es los.


Den Kanal habe ich verlassen; um etwas mehr Strecke zu machen, kürze ich ab. Der Himmel blau, keine Wolke, entsprechend warm ist es. Es geht den ganzen Tag durchs Nichts. Zwischendrin eine gesperrte Brücke, kostet mich fast 40 Minuten, egal, es ist schön hier. Mittags ein grösserer Ort mit Bäcker, ich mache Pause, bis seine Mittagspause vorbei ist, dann bekomme ich frisches Brot und Wasser (Und eine Dose Cherry Coke als besonderer Treat für den Tag).

Dann weiter nach Chalon-Sur-Saone. Von der Stadt sehe ich wenig, das Hotel, wie meistens, an der Ausfallstrasse, die mit Basecamp geplante Route geht nur durch Industriegebiet. Egal, ein grosser Supermarkt gegenüber, erstklassiges Abendessen im Hotel, alles bestens.

Mein Bein wieder besser, der neue Laufrhythmus scheint mir zu bekommen. Abends vergnüge ich mich noch eine zeitlang mit Karno's neuem Buch 'Run!'.
"Why I run? Because basketball and baseball only require one ball"

9/19/11

Wilde Gestalten

Etappe 15: Choisey - Seurre (38,4 km)

Ok, ok, ich hab's gerafft. Kein Wettkampf. 60km geht nicht. Oder besser, es geht schon, aber dann ist es eben ein Wettkampf und der Preis ist recht hoch. Also, ab sofort: Gelaufen wird nur noch bis 18:00, danach nur noch Suche nach Unterkunft. Nicht so sehr auf im Voraus gebuchte Hotels verlassen, zur Not campen.


Die Vorsätze sind gut, aber heute morgen bin ich trotzdem erstmal platt. Frühstück so kurz vor 10, damit ich noch was kriege, danach packen und völlig demotiviert auf den Weg.

Erster Programmpunkt: Supermarkt, Proviant kaufen. Damit fertig, werde ich erstmal abgeduscht, aber es ist inzwischen 11:30 und irgendwann muss ich mich mal auf den Weg machen, also Augen zu und durch. Es geht erst ein Stück am Kanal entlang, danach wird über die Landstrasse abgekürzt. Mittags klart es auf, aber richtig heiss wird es zum Glück nicht.


Über völlig leere Strassen geht es weiter nach Westen, so langsam fühle ich mich auch besser. Am Nachmittag sieht es lange so aus, als würde ich noch mal den flüssigen Sonnenschein abbekommen, aber ich bleibe trocken, komme gegen 17:30 in Seurre an.

Hier gibt es einen Campingplatz. Dort treffe ich ganz merkwürdige Gestalten, grosse neue Camper an neuen Mercedesen, aber die Besitzer sehen eher aus, als lebten Sie auf der Strasse. Einer der Herren erklärt mir, der Campingplatz sei geschlosssen, geht mir noch eine Weile nach und stellt sicher, dass ich auch wirklich weggehe. Zumindest hoffe ich, dass er nur danach sieht. Ich gehe Stück in Richtung des nächsten Campingplatzes, dann wird mir irgendwie mulmig. Zur gleichen Zeit sehe ich einen Hinweis auf ein Hotel. Ich überwinde mich und gehe dorthin. Überraschenderweise kann ich mich mit der Besitzerin recht gut verständigen und das Zimmer ist ziemlich brauchbar (und unverschämt billig). Auch das Abendessen ist super (aber unverschämt teuer). Insgesamt ein guter Deal, zufrieden und müde gehe ich schlafen.

9/18/11

Eine viel zu lange Etappe

Etappe 14: Besancon - Choisey (63,5 km)

9:30 Besancon bietet mir auch heute Grau-In-Grau. Immer wieder regnet es ein kleines bisschen, aber nicht so richtig. Schon kurz nach dem Start merke ich, dass heute irgendwie verdammt viele Jogger unterwegs sind. Ein paar Minuten später folgt die Erklärung. Heute gibt es hier eine Laufveranstaltung "Ganz Besancon läuft", mit zahlreichen Läufen von ein paar hundert Metern bis zum Halbmarathon. Halbmarathon! Für einen Moment zögere ich, dann kriege ich meine Prioritäten auf die Reihe und laufe weiter. Dennoch verläuft ein Teil der Laufstrecke des Halbmarathons auf meinem Weg, so dass ich ein paar Kilometer mitjogge. Geht eigentlich ganz gut.

Danach bin ich wieder weitgehend alleine, immer dem Kanal und EV6 entlang. Es ist Sonntag, daher begegnen mir ab und zu kleinere Gruppen von Fahrradfahrern. Gegen Mittag klart es auf und wird sogar wieder recht warm. Schon am frühen Nachmittag merke ich, dass ich mit der Zeit nicht hinkomme. Eigentlich bräuchte ich dringend eine Pause, aber die Reststrecke ist noch zu lang.



Irgendwann fängt es an zu dämmern, aber so richtig geniessen kann ich das nicht, es fehlen immer noch 20 km, keine Ahnung, wie ich mich so verkalkuliert habe. Immer schleppender wird es, mein Schienenbein fängt wieder an zu schmerzen. In der Dunkelheit laufe ich durch Dole, danach noch 4 km zu meinem Hotel. Oder dorthin, wo mein Hotel sein sollte. Ist es aber nicht. Ich irre noch eine halbe Stunde durch ein Industriegebiet (was natürlich Sonntag abends um 10 super belebt ist), bevor ich endlich mein Hotel finde und erschöpft ins Bett falle.


9/17/11

Pause

Pause in Besancon.

Essen, Einkaufen, Essen, Waschen, Essen, Schlafen, Essen.... Ausruhen, kein Touristenprogramm, der Ruhetag soll wirklich genau das bewirken, was der Name suggeriert.

Resumé der zweiten Woche: 215,1 km, +1619, -1516 Höhenmeter


Am Nachmittag mache ich mich noch mal in die sehr schöne Altstadt. Leider ist alles Grau in Grau heute, aber wenigstens trocken. Den Regen kriege ich morgen. Ich finde eine grosse Buchhandlung und kaufe für den nächsten Teil der Reise Radkarten. Danach Routenplanung bei einem guten französischen Bier.

Abendessen im Hotel, ein wenig teurer als in D, aber grandios. Man muss den Galliern schon lassen, vom Essen verstehn sie was.
Pyto September 18, 2011 at 7:27 AM Die Infrastruktur für Radfahren sollte doch eigentlich sehr gut sein. Haben die da nicht auch ein recht bekanntes Radsportereignis 1x im Jahr?
Ja, aber das wird - auch wenn das im Fernsehen wegen der ähnlichen Breite so aussieht wie Fahrradwege - auf Strassen ausgetragen ;-)

9/16/11

In Frankreich angekommen

Etappe 13: Baume-les-Dames - Besancon (32,8 km)


7:30 Früh wache ich auf, im Zelt ist es halt nicht so bequem. Zusammenpacken dauert ein bisschen, alles ist feucht vom Tau . Gegen 8:30 - der Bäcker kam, entgegen den Versprechungen von gestern nicht mit seinem Wagen vorbei - breche ich auf. Es ist anfangs kühl, aber mit wolkenlosem Himmel und Windstille bleibt das nicht lange so.


12:00 Schleppend geht es heute, die Anstrengung von gestern und das Schlafen im Zelt fordern ihren Preis, so richtig motiviert bin ich nicht. Das scheint aber bei den leichteren Etappen zum Programm zu werden. Kurz Espresso an einem Rastplatz, dann noch ein wenig am Kanal entlang. Irgendwo passiere ich die 500km Marke, aber das merke ich erst abends im Hotel.

14:00 Die letzten 8km geht es noch mal über die zweispurig ausgebaute Hauptstrasse und über einen grossen Hügel. Sehr angenehm fällt hier auf, dass die Franzosen nicht so oberlehrerhaft sind wie die deutschen Autofahrer.

15:40 Ankunft in Besancon, diesmal ein gutes Hotel in der Stadtmitte gebucht, schliesslich ist morgen Ruhetag. Erstmal ein wenig schlafen, am frühen Abend gehe ich noch mal in die Stadt um leckeres Essen im Supermarkt einkaufen. Leider haben die Geschäfte auch hier ab 19:00 zu. Es ist ein Musikfest mit einem kostenlosen klassischen Open Air Konzert in der Stadt; ich kann mich dazu aber nicht aufraffen, spachtele stattdessen Salat und gemischte Süssigkeiten im Hotelzimmer und gehe früh schlafen.

So langsam habe ich mich daran gewöhnt, in Frankreich zu sein, die negativen Seiten sind (immer noch negativ, gar kein Zweifel aber ) nicht mehr so wichtig und ich beginne, die kleine schönen Sachen geniessen zu können. Bin sehr zufrieden darüber.

9/15/11

Ins Blaue

Etappe 12: Montbeliard - Baume-les-Dames (57,2 km)

07:20 Endlich ausgeschlafen, ich packe schnell zusammen und mach mich recht früh auf den Weg, noch vor Neun, also vor der Rush Hour. Es geht immer weiter am Kanal entlang, irgendwo gibt es eine Baustelle mit Umleitung, wofür ich jedoch mit einer prächtig geschmückten Brücke entlohnt werde.


Der ganze Tag bleibt flach, mein Bein einigermassen OK, so dass ich immer wieder kleine Laufpassagen einlegen kann. Temperatur gut, kaum Wind, es geht voran.

Ein Kleinod auf dem Weg. Der linke Weg auf dem Photo ist der Radweg, das rechts ist eine Sackgasse und die Brücke wurde (u.a. von meinem Steuergeld) dafür gebaut, damit die Schafe des Bauern links auf die Weide rechts laufen können.  Kein Ding, gerne doch.



17:15 Gegen Abend gibt es noch ein paar Höhenmeter, durch Maisfelder und winzige Ortschaften - eigentlich eher Siedlungen von 4-5 Höfen - geht es dem Abendrot entgegen.


19:40 Baume-les-Dames empfängt ich mit einem wunderschönen Panorama bei einbrechender Dunkelheit, noch ein paar Kilometer und ich finde einen Zeltplatz. Es ist ein offizieller, dass heisst, es gibt sogar warme Dusche und kaltes Bier. Und der sehr nette Bedienstete hier spricht ungefähr alle Sprachen der Welt. Überhaupt muss ich eingestehen, dass alle Franzosen, mit denen ich bisher Kontakt hatte, super freundlich, nett und hilfsbereit waren. Don't quote me on that one ;-)



Das Publikum - ich bin der einzige mit Zelt, der Rest sind 50+ Ehepaare mit Wohnmobil - sehr seltsam, aber wahrscheinlich können die mit mir genauso viel anfangen wie ich mit ihnen. Ich trinke mein Bier, massiere mein Bein und gehe schlafen, unruhig, im Zelt schlafen ist nicht mein Ding.

9/14/11

Stefan gegen die Vorurteile

Etappe 11: Montreux-Vieux - Montbéliard (25,7 km)

05:15 Die ersten Türen beginnen zu schlagen; nicht, dass es nachts wirklich ruhig gewesen wäre. Warum muss ich auch im wohl einzigen Ort in Frankreich landen, wo die Menschen morgens arbeiten müssen. Wahrscheinlich Gastarbeiter. Im Halbschlaf wälze ich mich noch ein wenig, gegen sieben stehe ich auf.


9:10 Zurück am Bahnhof in Belfort, Proviant habe ich schon in einem kleinen Supermarkt gekauft. Den Zug zurück nach Montreux-Vieux habe ich gerade verpasst, gestern Abend fuhren die Züge noch alle 15 Minuten, jetzt muss ich eine Stunde warten. Ich nutze die Zeit, einen Kaffee zu trinken. Ich fühle mich bescheiden, bin völlig übersäuert. Ob das an meinem bisher so tollen Frankreicherlebnis oder an dem erstklassigen Abendessen liegt, weiss ich nicht, wahrscheinlich an beidem. Also beides ändern. Proviant ist schon gekauft, die Perspektive muss sich noch verschieben. Das wird sicherlich nicht auf ein Mal gehen, aber ich werde es versuchen.


10:30 Zurück in Montreux-Vieux geht die eigentliche Strecke los. In Anbetracht meiner grandiosen Verfassung heute Schonkost, 25 km nach Montbéliard und dann schlafen. Die Strecke immer entlang des Kanals, heute ist erstmals der Wind weg. Mein Kopf schmerzt, dafür sind die Beine wieder einigermassen OK.

12:30 Immer wieder komme ich an diesen Schildern vorbei. Ich meine, das ist nix handgemaltes. So ein Schild kostet richtig Asche, erfüllt garantiert alle möglichen EU-Normen. Was ist hier am Werk? Arroganz? Ignoranz? Dummheit? Selbst Google Translate kriegt das hin. La Grande Nation.

14:00 Ich komme im Hotel an, diesmal ist es gut, Zimmer sauber, Toilette und Dusche gibt es auch, zwar in Kombination zu einer Nasszelle, aber das ist OK. Erstmal Mittagsschlaf.

18:00 Kopfschmerzen sind nicht weg, aber die Übersäuerung. In der Nähe des Hotels habe ich vorhin einen McD gesehen, auf dem Weg dorthin finde ich noch einen grossen Supermarkt. Dort kaufe ich Salat und Gemüsesaft. In den Gängen für Softdrinks (der Leser beachte den Plural) geht es zu wie in London bei den letzten Riots, keine Ahnung, vielleicht glaubt die - auf weiblicher Seite überwiegend Kopftuch tragende - Kundschaft, dass es morgen keine Cola mehr gibt. Obwohl, das ist Frankreich, wer weiss, ich kaufe lieber noch eine Flasche, sicher ist sicher. Dann BicMac im Vollkornbrötchen - ja - und viel Salat.

20:30 Routenplanung für morgen: Sieht alles nicht wirklich gut aus, ich werde einfach laufen, soweit ich komme und dann wahrscheinlich wild campen. Versuche erstmal, die Kopfschmerzen wegzuschlafen.