11/03/11

Habe fertig

"It's not the mountain we conquer - but ourselves" Sir Edmund Hillary

11/02/11

Noch mal mit Druck


Etappe 54: Guitiriz - O Pino (53,6 km)

9:20 Nach gutem Frühstück geht es los. Bevor hier der Verdacht aufkommt, ich hätte auf Wellnessurlaub umgebucht, gibt es heute noch mal ordentlich Strecke. Ungefähr zehn Minuten laufe ich, dann beginnt der Regen. Der wird mit heute den ganzen Tag begleiten, nicht konstant, aber immer wieder schauerartig. Dazu "teils starker Wind mit Böen bis zu 70 Stundenkilometern." Leider ist ausgerechnet heute die Wettervorhersage nicht falsch.


Vom Laufen gibt es sonst nicht viel zu berichten, es geht den ganzen Tag stur der Bundesstrasse lang, mal mit, mal ohne Regen, meistens mit Gegenwind. Landschaftlich uninteressant (zumindest bei dem Wetter), aber sicherlich lädt auch die Streckenlänge nicht zum Geniessen ein.

18:50 Ich komme erstaunlich wenig müde am "Hotel" an. Eine umgebaute Mühle an einem kleinen Fluss. Toll gemacht, wunderschön. Der Hausherr ist auch mein Koch für den Abend, ich bin der einzige Gast. Es gibt lokale Scallops mit Chilis und verschiedene Stücke vom Iberico Schwein. Dazu ganz viele Informationen über die Mühle, über die Gegend, die Leute, die hier vorbeikommen. Grandios.

22:00 Ich liege im Bett, höre den Regen auf's Dach prasseln. Vorhin hat mir mein Gastgeber das Mühlbecken gezeigt; den Ort wo das Wasser durchfliesst und die Mühle antreibt, die heute hier zu Stromgewinnung genutzt wird. Fast leer. Er erzählte, dass dies das erste Jahr sei, wo um diese Jahreszeit nicht genügend Wasser im Fluss sei.

Mir wird klar, wie viel - ich sage mal ganz neutral - Glück ich auf dieser Reise hatte. Keine ernsthafte Verletzung, kein Unfall, einen einzigen Platten (die Desintegration der alten Reifen zähle ich nicht, das war schlampige Vorbereitung meinerseits). Niemand, der mir etwas böses wollte, noch nicht mal ein Hund, der hinter mir her rennt.

Ok, EIN Hund, den musst ich aus Mitleid wieder nach Hause scheuchen, weil er so dumm und so klein war, dass er sich mitten auf die Bundesstrasse gestellt hat, um mich anzukläffen und fast überfahren worden wäre.
 
Ansonsten: Nichts. Gar nichts. Und das Wetter statistisch fast schon unwahrscheinlich. Ich musste an keinem Tag in nasse Sachen schlüpfen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich bis zum Ende gelaufen wäre, wenn ich die ersten vier Wochen nur Regen gehabt hätte. Denke mal, das zermürbt ziemlich.

Ich bin dankbar, das alles so gut geklappt hat.

11/01/11

Ein kurzer Spaziergang


Etappe 53: Vilalba - Guitiriz (27,2 km)

9:00 Das Frühstück hier kostet fast genau soviel wie mein Abendessen gestern. Eigentlich eine Frechheit. Aber dafür ist es auch sehr ordentlich, fast ausgefallen, was die Tapas-artigen Häppchen angeht. Eineinhalb Stunden lang gebe ich mein Bestes, den Monopolgewinn zu reduzieren.

11:10 Ich mache mich los, draussen ist es diesig und kalt, aber ansonsten trocken. Ein wenig hügelig, aber fast immer schnurgerade durchs Nichts.

13:50 Ich komme durch Baamonde, ein kleines Dorf, das sich nur dadurch auszeichnet, dass es das Einzige ist, durch welches ich heute laufe. Kurz danach halte ich an einer Tanke, Cola kaufen. Ein Mann, der dort Kaffee trinkt - was sonst sollte er tun - spricht mich an. Fragt, wo ich lang laufe, erzählt mir, dass er ungefähr schon alle Caminos mit dem Fahrrad gefahren ist, dass er und seine Freunde sich immer im Sommer ein, zwei Wochen Urlaub nehmen und zusammen einen Camino mit dem Rad abfahren. Wenn man hier wohnt, ist dass sicherlich eine gute Idee. gute Logistik, ausgeschilderte Routen, man trifft Leute.

16:45 Ich komme am Hotel an, heute war kurzer Tag, hier gibt es ein Thermalbad, also ist ausspannen und Muskeln massieren angesagt.

21:00 Die Mutter aller T-Bone Steaks. Sensationell. Ich kann mich zwar kaum noch bewegen, dafür habe ich meinen Bedarf an BCAAs bis Weihnachten gedeckt.

10/31/11

Berge, Wind, Regen

Etappe 53: Mondoñedo - Vilalba (35,3 km)

9:00 Frühstück besteht aus einem Kaffe, dann geht es los. Gleich nach dem Start ein Supermarkt, ich kaufe Mittagessen. Dann Frühsport. 400 Höhenmeter mit starkem Gegenwind am Vormittag; trotz der niedrigen Temperatur ist mir recht schnell warm.

11:30 So langsam bin ich oben angekommen, erst mal Mittagspause. Dann weiter. Grossen Abstieg gibt es heute nicht mehr, ich werde eine ganze Weile auf diesem Nivau bleiben.
12:00 Zum Merken. Wenn man vor sich Windräder genau von hinten sieht, die sich schnell drehen, ist das kein gutes Zeichen. Anstrengend geht es weiter. Zudem wird das Wetter immer schlechter.

Die nächsten vier Stunden blenden wir einfach aus. Starker Wind, starker Regen, ekelhaft. Ich bin ziemlich froh, dass ich gestern bis Mondoñedo gelaufen bin, sonst hätte ich den Spass heute noch zwei Stunden länger gehabt.

16:00 Ich komme im Hotel an. Das ist schön, eine lange heisse Dusche  und ich bin wieder aufgewärmt. Ausruhen, Abendessen. Das Entrecote heute wieder vom Rumpsteak, dazu guten Tinto.




10/30/11

Abkürzung

Etappe 52: Tapa de Casariego - Mondonedo (47,2 km)

8:10  Extrem schlecht geschlafen. Im Zimmer links von mir hat scheinbar jemand TBC im Endstadium, im Zimmer rechts von mir bequatscht jemand 4 Stunden lang lautstark seine Frau (und kriegt sie trotzdem nicht rum ;-). Trotzdem wache ich von alleine auf und bin fit. Wütend, aber fit. Ich packe, stehe um 10 vor 9 am Restaurant. Der Hotelbesitzer ist schon da liest Zeitung, und macht mir einen Kaffee, bevor es um 9 Uhr Frühstück gibt. Kurz danach mache ich mich auf den Weg.

Anfangs ist es kühl, aber wolkenlos und bald wird es noch einmal richtig warm, es soll der letzte Sommertag auf dieser Reise bleiben.

10:20 Aus einer kleinen Seitenstrasse kommt ein Radfahrer. Bleibt stehen, wartet auf mich. Fragt, ob ich nach Santiago laufe. Wenn ich hier nach rechts laufe, sei das eine grosse Abkürzung, spare 20 Kilometer bis Ribadeo. Ich erkläre ihm, dass ich nicht vorhatte, über Ribadeo zu laufen, sondern durch die Berge. Er meint, dass es über Ribadeo einfacher sei. Ich wusste das vorher, aber dorthin führt kein Weg ausser der Autobahn und eine lange Autobahnbrücke über die Bucht. Ich äussere meine Bedenken, er versichert mir, dass man über die Brücke laufen könne. Das sei kein Problem, es gäbe einen Weg für Fussgänger. Hmm, ich habe gestern Abend auf Google Earth geschaut, da sah es nicht so aus, als gäbe es einen solchen Weg. Ich frage, ob er sicher sei. Ja, ganz sicher, gar kein Problem.

Als ich in den von ihm empfohlenen Weg abbiege, denke ich an den Franzosen, der mir versichert hat, dass der Kanal genau an mein Ziel führt und was das für ein Debakel war. Aber dann denke ich, zur Not renne ich halt über den Standstreifen. Es ist Sonntag morgen, nix los und die Guardia Civil pennt bestimmt noch.

10:50 Ich komme an der Brücke an. Dort ein grosses Schild: "Füssgängerweg nach Galizien". Ich bin baff. Der Mann hatte recht. Die Abkürzung spart mir knappe 4 Kilometer und ich kann noch etwas an der Küste entlang laufen; außerdem spare ich knappe 800 Höhenmeter.



14:20 So, jetzt ist endgültig Schluss mit Meer, ich biege nach Süden  ab. Ich bin heute recht schnell und zusammen mit der Abkürzung überlege ich, ob ich nicht noch etwas weiter laufen kann. Da ich weder im ursprünglichen Zielort Lourenza, noch in der Alternative Mondonedo ein Hotel gefunden habe, bin ich unschlüssig. Das Geschenk der Abkürzung heute einlösen oder für Morgen ansparen? Mit Hilfe meiner grossartigen Partnerin am heimischen PC zeigt sich, dass es in Mondonedo tatsächlich so etwas wie ein Hotel gibt. Eine echte Alternative also.

16:00 Ich sehe Lourenza vor mir. Ein kleines Kaff im Tal. Was letztlich den Ausschlag gibt weiterzulaufen, ist, dass ich zu faul bin, ins Tal und am nächsten Morgen zurück auf den Berg, von dem ich komme, zu laufen. Also weiter. Was noch mal ein paar Kilometer spart.

17:30 Nach einer kleinen Kaffeepause komme ich in Mondonedo an, und entdecke direkt an der Hauptstrasse noch ein Hotel. Das ist offen und sieht passabel aus. Zimmer gibt es auch. Abendessen nicht, dafür eine Tanke direkt gegenüber. Mmmmh, Chips und Dosenbier.





10/29/11

Drogen und Schrauben

Etappe 51: Navia - Tapia de Casariego (21,5 km)

Heute ist eigentlich Pause, aber aus logistischen Gründen und weil ich noch mal ans Meer will, lege ich eine kleine Halbetappe ein.


9:30 Erstmal lange Frühstücken, dann flicke ich meinen Fahrradschlauch. Besser dass im Hotel zu machen als auf der Strasse. Dann Einkaufen. Supermarkt und Apotheke. Irgendwie hatte ich mein Pillendöschen nicht richtig zu und der Regen der letzten Tage hat mir eine leckere Ibuprofensuppe bereitet. Für 40 Tabletten Ibuprofen a 600 mg und 40 Tabletten Diclophenac (Voltaren) a 50 mg zahle ich zusammen ganze 3 Euro 40. Das erklärt zwei Dinge: Warum ich komisch angeschaut wurde, als ich nach einer kleineren Packungsgrösse gefragt habe. Und, warum Spanien Weltmeister ist.


11:30 Recht warm und sonnig und von viel Wochenendverkehr umgeben geht es heute immer entlang der Nationalstrasse an den westlichen Rand von Asturien. Auf halbem Weg komme ich an einem Baumarkt vorbei, und nachdem der nette Herr knappe zehn Minuten nach der richtigen Schraube suchen muss und ich ihm die Mühe und die Schraube mit saftigen 35 Cent entlohne, ist mein Buggy wieder schnell wieder gefixt.

15:00 Im Hotel dann Wäsche waschen und ausruhen.

Resumé der achten (und letzten ganzen) Woche: 288,6 km mit knap 4300 Höhenmetern.



10/28/11

Verlängerung

Etappe 50: Ballota - Navia (45,6 km)

8:30 Ich verlasse mein Hotel (ich bin mir sicher, ich war der einzige Gast dort) und gehe zu Restaurant/Bar/Pit Stop, wo ich gestern auch eingecheckt habe. Dort ist es voll, die grosse Passion der Spanier ist es, in der Bar zu sitzen und Kaffee trinken. Dazu gibt es lautes Fernsehen und mit absurden Mengen Omelette belegtes Baguette.




Statt mir ein schlechtes Buffet-Frühstück aufzubauen, von dem ich dann 90% nicht anfasse, ist man hier etwas schlauer. "Freie Auswahl, sag einfach, was du willst, alles inklusive". Win-Win. Ich esse Omelette mit Schinken (eigentlich eher Schinken mit etwas Ei). Dazu gibt es ordentlichen Kaffee, dann geht es los. Draussen dämmert es noch.

Regen gibt es heute keinen, aber am Vormittag bleibt es bewölkt. Es geht so weiter, wie es gestern aufgehört hat, mit endlosen Serpentinen. Das ist nicht sonderlich anstrengend zu laufen, aber recht frustrierend, weil es nicht vorwärts geht.

Später finde ein paar Abkürzungen durch den Wald. Immer ein kleines Risiko, denn ich weiss nie, wie die Bodenbeschaffenheit ist. Bis auf ein mal habe ich heute Glück und muss nicht zurückrudern. Zeitlich spart das nicht viel, ist aber eine ganz willkommene Abwechslung zur endlosen Strasse.
 
Nachmittags wird es dann sonnig, aber es bleibt - zumindest im T-Shirt - kühl. Sobald schattige Stücke kommen, ziehe ich immer wieder den Pulli über. Der Sommer ist wohl endgültig vorbei.

17:00 Ich komme im Hotel an, Zimmer ok, Supermarkt gegenüber, Internet funzt auch; alles bestens.

Heute sind genau acht Wochen vorbei. In einer idealen Welt (Planungsstand Null) wäre ich heute in Santiago angekommen. Jetzt war aber spätestens am zweiten Tag der Reise klar, dass das nicht ganz aufgehen wird.

Daher habe ich mit mir ausgemacht, dass ich bis zum 28.10 (also heute) laufen werde. Dann setzte ich mich in den Zug und fahre nach Santiago. Von dort habe ich einen Rückflug für Samstag, den 29.10. Was ganz praktisch ist, denn am Sonntag ist Marathon in Frankfurt und das mit dem langen, langsamen Lauf habe ich dieses Jahr ja ganz gut trainiert.

Diese Abmachung kam mit einer kleinen Einschränkung: Wenn ich am 28.10 noch weniger als 300 km nach Santiago habe, gilt sie nicht. Warum das? Mein Backup-Flug ist am 5.11., also eine Woche später und auch wenn das Erreichen von Santiago nie ein wichtiges Ziel auf dieser Reise war, macht es ja recht wenig Sinn, so kurz vor Ende den Bus zu nehmen. Davon abgesehen würde ich am Sonntag eh nix gescheites hinkriegen, dafür sind die Beine viel zu müde.

Also, Flug abgesagt, es geht in die Verlängerung. Noch knapp 210 Kilometer.

An dieser Stelle wünsche ich all denen, die Frankfurt laufen - insbesondere Markus Z. und Dietmar K., viel Erfolg und Spass, und immer daran denken: An den Plan halten, nur weil es bei KM 30 läuft nicht übermütig werden. "Pick & Stick", wie Brett Sutton es so unnachahmlich auf den Punkt bringt.