9/27/11

Allez, allez!

Etappe 21 : Montmarault - Evaux-les-Bains (50,1 km)

6:30 Aufwachen mit Wecker. Wieder sehr bescheiden geschlafen. Leider keine Idee, woran das liegt, aber ich wache immer zwischen 2 und 3 auf und danach wälze ich mich nur noch im Bett. Was dem Befinden und der Performance nicht wirklich zuträglich ist. Ich döse noch ein Stündchen weiter, dann duschen und packen. Eigentlich sollte das schnell gehen, aber mein SPOT möchte neue Batterien, also den ganzen Wagen noch mal abgepackt, Batterien gesucht, wieder gepackt.


Um 8:20 geht es endlich los, lange Etappe heute. Es ist so um die 15 Grad und leicht bewölkt. Frühstück gibt's heute beim Bäcker, Hotelfrühstück werde ich einschränken, das lohnt meistens nicht und kostet Zeit. Leider hat sich noch nicht bis Frankreich rumgesprochen, dass man mit 'nen Espresso zu 1,50 mehr verdient als 'nem Croissant für 85 Cent. Kaffee gibt's also nicht. Croissant, Cola (meine erste in 3 Tagen ;-) und weiter geht's.

10:00 Ich eiere so vor mich hin, so richtig Lust will keine aufkommen, irgendwie keine gute Ausgangssituation für die verbleibenden 41 km. Statt mich einfach mit dem iPod abzulenken, heute mal nach dem Lehrbuch. Hinsetzen, Schadensanalyse a.k.a. was ist wirklich los:

Körper:
  • Beine schwer - tough luck. Gestern waren ordentlich Höhenmeter dabei, und die ersten 9km heute hatten stetige 200 HM, das schlaucht. Hier hilft das Bewusst machen schon weiter. Ausserdem esse ich ein paar Datteln, das sollte helfen.
  • Blase am rechten Fuss - ist versorgt, noch mal nachschauen, alles OK, das geht weg.
  • Müde - Schlecht geschlafen und kein Kaffee. Das kann ich fixen. Kona-Kola Nuun Tabletten ins Wasser gemischt.

Kopf:
  • Ich bin sauer mit mir selbst, dass ich so schlecht schlafe. Aber das kann ich hier nicht fixen, also weg mit den Gedanken.
  • Es graut mir vor der langen Etappe. Also mach ich mit mir aus, dass ich erstmal bis zur 20km Marke laufe und dort Mittagspause mache. Danach kann ich ja immer noch sehen, ob ich ein näheres Etappenziel finde.
10:15 Ich laufe weiter, und nach ein paar Minuten geht es mir deutlich besser. Die Strecke heute vormittag auf gut ausgebauter und wenig befahrener Landstrasse, der entgegenkommende Verkehr hauptsächlich Laster, die weichen immer bis auf die andere Strassenseite aus, insofern gutes Laufen. In Anbetracht der Streckenlänge und der Müdigkeit nur ganz kleine Laufeinlagen, sonst zügiges Gehen.

11:50 Ich finde einen Rastplatz mit Schatten und mache Mittag. Salat, Baguette, the works.

12:30 Ich komme an meinem eigentlichen Ziel für die Mittagspause vorbei. An Reevaluation denke ich gar nicht mehr, das Etappenziel steht. Kurz danach Wechsel der Strasse, ab jetzt noch weniger Verkehr, dafür schmalere Strasse, der Rand eher schlecht ausgebaut. Es wird recht hügelig, mehr Radfahrer als Autos. So wie an jeder Pfütze in Frankreich ein Angler sitzt, findet sich an jedem Hügel mindestens ein Radler.

Ich bin mir nicht sicher, woran es liegt - vielleicht wirklich an der Bedeutung, die die Tour hier hat und der daraus abgeleiteten Assoziation von 'Athlet am Berg' und 'Anfeuerung'- aber die Menge an Anfeuerung, die ich hier in den letzten drei Tagen an Bergstücken bekommen habe, ist unglaublich. Jeder Radfahrer, sei es entgegenkommend oder überholend findet Worte des Zuspruchs, fast jeder Laster hupt anfeuernd und viele Autofahrer - das Fenster ist hier obligatorisch offen - geben den Thumb up. Einer hält mir sogar eine Wasserflasche aus dem Fenster. So macht das Laufen Spass.

15:00 Kurze Pause, ein Espresso und Wassernachschub im Supermarkt, dann weiter. Es geht ein Stück steil bergab, was beschwerlich ist, dann ein langgezogenes Tal durch die pralle Sonne. Aber so heiss wie die letzten Tage ist es zum Glück nicht mehr. Dann kommen noch mal knackige 150HM auf knapp 3 km Strecke, die Pumpe  geht ordentlich.

17:45 Ich komme im Hotel - Grand Hotel de Thermal - an. Was ich natürlich übersehen habe ist, dass "Thermal" offenbar an eine ganz spezielle Zielgruppe catert - die über 100 jährigen. Das Hotel ist voll von Zombies. Zimmer gut, Wifi ist kaputt, keine Idee, wohin ich morgen laufen werde.

20:30 Gut zu Abend gegessen, wenn ich schon nicht schlafen kann, gehe ich wenigstens früh ins Bett.